„Der Schauspieler schafft sich in seiner Phantasie ein Modell, das er dann wie ein Maler bis in die winzigsten Züge erfasst und nicht auf eine Leinwand, sondern auf sich selbst überträgt.
Foto: Lars Eidinger als Hamlet / Schaubühne Berlin
Er sieht zum Beispiel Hamlet in einem bestimmten Kostüm vor sich und zieht es sich selber an. Er sieht Hamlets Gang und ahmt ihn nach. Er prägt sich die Gesichtszüge ein und übernimmt sie, passt sein eigenes Gesicht diesem Modell an, er schneidert gewissermaßen seine Haut nach Maß, trennt sie auf und näht sie neu zusammen bis eine vollkommende Ähnlichkeit mit Hamlet feststellt.
Doch das ist noch nicht alles, daswäre ja nur die äußerliche Ähnlichkeit, eine Nachahmung der darzustellenden Figur, nicht aber diese Figur selbst. Es ist notwendig. Dass der Schauspieler den Hamlet mit einer Stimme sprechen lässt, wie er sie von Hamlet hören würde. Um aber den ganzen Ablauf der Rolle zu bestimmen, muss er seinen Hamlet dazu bringen, sich zu bewegen, zu gehen, zu gestikulieren, zu lauschen, zu denken, wie es Hamlet tun würde, er muss die Seele Hamlets fest in sich aufnehmen. Erst dann ist das Portrait vollendet.“
– Konstantin Stanislawski „Die Arbeit des Schauspielers an sich selbst“